Praxisbasierte Lehrer:innenbildung und Core Practices
Zunehmende Beachtung des Ansatzes der Core Practices
Der Ansatz der Core Practices findet weltweit zunehmende Beachtung. Dass er im deutschsprachigen Raum anfänglich auf wenig Resonanz gestoßen ist, mag mit der begrifflichen Nähe zu Praktiken im Sinne von Routinen und rezepthaftem Handeln zu tun haben. Diese Deutung wird dem Ansatz der Core Practices jedoch nicht gerecht. Core Practices sind flexible Strategien. Adaptivität, d.h. die Anpassungsfähigkeit an wechselnde unterrichtliche Herausforderungen, ist konstitutiv für Core Practices, und dadurch unterscheiden sie sich deutlich von rein gewohnheitsmäßigem Handeln. Gleichzeitig müssen Core Practices aber je nach Situation auf eingeübte Routinen und Handlungsimpulse (moves) zurückgreifen können, z.B. auf einen eingeübten Bestand an Sprechimpulsen, um ein Klassengespräch zu verflüssigen und nötigenfalls zu lenken.
Plausibler Nutzen
Es ist intuitiv gut nachvollziehbar, dass eine Reihe solcher Core Practices grundlegend sein dürften für erfolgreichen Unterricht, etwa das Erklären und Modellieren von Inhalten und Strategien, das Diagnostizieren von Denkmustern der Lernenden, das Führen von dialogischen Gruppengesprächen, das summative Beurteilen von Lernfortschritten usw.
Core Practices in der Lehrer:innenbildung
In jüngerer Zeit wird die Konzeption der Core Practices, wie sie in den USA für die Lehrpersonenbildung US-amerikanischer Prägung (z.B. McDonald, Kazemi & Kavanagh, 2013) auch im deutschen Sprachraum intensiver rezipiert und diskutiert. Das Interesse kann gedeutet werden als Ausdruck des Unbehagens, dass die deutschsprachige Lehrpersonenbildung eher theorielastig sei und professionelle Handlungsfähigkeit und ‑bereitschaft unzureichend sicherstelle.
Der Fokus auf Core Practices kann als aussichtsreicher Versuch verstanden werden, innerhalb der gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen dem persistenten Theorie-Praxis-Problem produktiv zu begegnen. Das gut vermittelbare Konstrukt der Core Practices anerbietet sich als Brücke zwischen Unterrichtserfahrung und Hochschulwissen, als ein Amalgam von Erfahren und Erkennen; in der Gestalt von Core Practices wird professionelles Handeln lernbar, indem überschaubare Handlungseinheiten zyklisch bearbeitet, trainiert, vertieft verstanden und intuitiv verfügbar werden.
Positionierung der Core Practices gegenüber verwandten Ansätzen
Gegen die Kompetenzorientierung grenzt sich der Ansatz der Core Practices insofern ab, als die erfolgreiche Performanz unterrichtlichen Handelns konstituierend für Core Practices ist, während Kompetenzen primär das Potential dazu beschreiben. In der Anbindung an erfolgreiches adaptives Handeln spiegelt sich die Nähe zum Pragmatismus und zu soziokulturellen Ansätzen des Lernens.
Während die praxistheoretische Perspektive insbesondere vorfindliche soziale Praktiken analysiert, fokussiert der Ansatz der Core Practices vor allem die bewusste Aneignung und habituelle Nutzung spezifischer erwünschter Praktiken.